Wiebkes Wetterdrachen Welt

Die Zeichen der Wetterdrachen

Kurz-Info zum Buch

Drachenlicht am Himmel, ein nicht enden wollender Winter im Norden, Dürre im Süden, bis auch hier Schnee fällt. Ein geheimnisvoller Auftrag treibt sie zu Berg Hamra – aber jeder hat auch ganz eigene Gründe, sich auf die Wanderung zu machen: Hunar sucht seinen verschollenen Bruder, Bylgja will einen Krieg verhindern, Svala flieht vor einer Zwangsheirat und Askja ist neugierig auf die Welt jenseits der Grenzen des Gamlaskog.
Was hat es mit den Lichtern und dem unzeitigen Wetter auf sich? Und welche Rolle spielt der unheimliche Haukur in der Geschichte und in Hunars Familie?
Die Zeichen der Wetterdrachen
Band I: Im Drachenwetter


Wiebke Salzmann

ca. 230 Druckseiten
2 Bände, die zusammen einen in sich abgeschlossenen Roman bilden

erschienen bei bookrix.de
Leseprobe auf bookrix.de

2,49 €
ISBN: 978-3-7396-3445-6
als E-Book erhältlich, in vielen gängigen Online-Shops
Hunar, Brimill, Aksja und Svala steigen mit dem Schmetterling auf den Hamra und müssen sich den Drachen stellen. Bylgja und Isjaki versuchen, einen Krieg zu verhindern. Drafnar verlässt seine Höhle und die Drachen setzen Hamarborg in Brand. Hrisla und Hikandi retten ein Buch aus der brennenden Stadt, geraten aber Hrydja in die Hände. Ihre Pläne sind verraten und dann wechselt auch noch Haukur auf Hrydjas Seite.
Ist alles verloren?
Die Zeichen der Wetterdrachen
Band II: Am Berg des schwarzen Drachen


Wiebke Salzmann

ca. 270 Druckseiten
2 Bände, die zusammen einen in sich abgeschlossenen Roman bilden

erschienen bei bookrix.de
Leseprobe auf bookrix.de

2,49 €
ISBN: 978-3-7396-4879-8
als E-Book erhältlich, in vielen gängigen Online-Shops
Drachenlicht am Himmel, ein nicht enden wollender Winter im Norden, Dürre im Süden, bis auch hier Schnee fällt. Ein geheimnisvoller Auftrag treibt sie zu Berg Hamra – aber jeder hat auch ganz eigene Gründe, sich auf die Wanderung zu machen: Hunar sucht seinen verschollenen Bruder, Bylgja will einen Krieg verhindern, Svala flieht vor einer Zwangsheirat und Askja ist neugierig auf die Welt jenseits der Grenzen des Gamlaskog.
Was hat es mit den Lichtern und dem unzeitigen Wetter auf sich? Und welche Rolle spielt der unheimliche Haukur in der Geschichte und in Hunars Familie?

Die Zeichen der Wetterdrachen
Band I: Im Drachenwetter

Wiebke Salzmann
ca. 230 Druckseiten
2 Bände, die zusammen einen in sich abgeschlossenen Roman bilden
erschienen bei bookrix.de
Leseprobe auf bookrix.de
1,49 €
ISBN: 978-3-7396-3445-6
als E-Book erhältlich, in vielen gängigen Online-Shops
Hunar, Brimill, Aksja und Svala steigen mit dem Schmetterling auf den Hamra und müssen sich den Drachen stellen. Bylgja und Isjaki versuchen, einen Krieg zu verhindern. Drafnar verlässt seine Höhle und die Drachen setzen Hamarborg in Brand. Hrisla und Hikandi retten ein Buch aus der brennenden Stadt, geraten aber Hrydja in die Hände. Ihre Pläne sind verraten und dann wechselt auch noch Haukur auf Hrydjas Seite.
Ist alles verloren?

Die Zeichen der Wetterdrachen
Band II: Am Berg des schwarzen Drachen

Wiebke Salzmann
ca. 270 Druckseiten
erscheint voraussichtlich März 2016
2 Bände, die zusammen einen in sich abgeschlossenen Roman bilden

Leseprobe

aus „Schneedrachen“

Hastig kletterten sie weiter den Berg hinauf, so schnell sie konnten. Brimill ging jetzt ständig vorn, nur er war in der Lage, zwischen Felsen, Schnee und Firn die wenigen gangbaren Stellen zu finden.
„Was ist das …“ Hunar verharrte und starrte auf eine blauweiße, zerklüftete Masse, die aussah, als wäre sie den Berg heruntergeflossen und dann mitten im Fließen erstarrt. Viele hundert Schritt breit erstreckte sich die blaue Zunge weit hoch hinauf. Weiße, graue und schwarze Bänder durchzogen sie, ihre Oberfläche war an etlichen Stellen wie glatt geschliffen, anderswo war sie zerklüftet, von Scharten durchsetzt und von Zacken und Spitzen übersät. Zum Gipfel des Hamra hin wurde die Masse weiß, Schnee bedeckte sie dort oben.
„Blaues Eis …“ murmelte er. Brimill warf nur einen kurzen Blick nach oben.
„Gletscher“, antwortete er verbissen. „Bei uns gibt es einen grünen. Und wir können nur hoffen, das wir da nicht rüber müssen. Ist nicht so massiv, wie es aussieht, das Zeug. Jede Menge Spalten und Löcher. Und nicht alle sieht man von oben. Ist nicht lustig, in eine Gletscherspalte zu fallen.“ Er stapfte weiter. Askja pustete sich eine braune Strähne aus der verschwitzten Stirn. „Sieht aber trotzdem fantastisch aus!“ rief sie Brimill hinterher. Wie um ihre Worte zu unterstreichen, kam die Sonne hervor und brachte das Eis zum Glitzern. Hellblau leuchtete es im Licht und glitzerte weiß es wie mit Kristallen bestreut.
Brimill brummte nur, ohne sich umzudrehen.
„Miesepampel“, murmelte Askja vor sich hin und folgte den anderen. Sie wanderten nun an einem Bach entlang, der schäumend und oft mehr fallend als fließend zu Tal strömte. Hunar hielt irgendwann keuchend inne. „Sag mal, müssen wir diesen Dauerlauf noch lange durchhalten? Auch wenn alle vier Drachen hinter uns her sind – ich brauch eine Pause!“
Svala wartete Brimills Antwort gar nicht ab, ließ sich erschöpft neben den Bach auf einen Stein fallen und schöpfte mit der Hand das klare Wasser. Vielmehr, sie wollte es schöpfen. Sofort zog sie die Hand zischend zurück. „Ist das kalt!“
Jetzt mußte Brimill doch lachen. Er kam zurück und zeigte auf ein dunkles Loch, das sich vor ihnen an der Vorderseite der Gletscherzunge öffnete, groß wie der Eingang zu einer Halle. Aus ihm stürzte der Bach heraus.
„Das Wasser kommt direkt aus dem Gletschertor – natürlich ist es kalt!“
Svala verzog das Gesicht und wagte einen neuen Versuch, diesmal etwas vorsichtiger. Auch die anderen löschten ihren Durst. Dann musterte Hunar den Berghang vor und über ihnen. Er stieß Brimill an. „Wir müssen aber nicht über den Glestcher, oder? Da rechts geht’s vorbei, wie es scheint. Wir müssen nur irgendwie um diese Felsen drumherum. Oder drüber weg.“ Hunar deutete auf einen Felsgrat rechts von ihnen und dem Gletscher.
Brimill nickte nachdenklich. „Sieht aus, als hättest du recht. Ich seh mir das mal an, wartet hier.“
Fröstelnd im kalten Wind, der vom Gletscher herunterwehte, beobachteten die anderen, wie Brimill zu dem aufragenden Felsgrat stieg und dann dahinter verschwand. Svala stand nach einer Weile auf und schlang die Arme um sich. „Mir ist es hier zu kalt, ich muß mich bewegen. Ich sehe mal nach, was Brimill macht.“
Die anderen nickten nur, Askja summte vor sich hin, und Hunar hatte sich auf den Rücken gelegt und betrachtete müßig die blaue Eismasse. „Weit im Norden gibt es auch Gletscher. Ich hab aber noch nie einen gesehen. So weit ziehen wir nicht, da gibt’s nichts mehr zu fressen für die Herden“, erzählte er Askja.
„Also ich würd ja schrecklich gern mal auf das Eis treten – nur um zu wissen, wie sich das anfühlt! Aber wenn Brimill sagt, es ist gefährlich, laß ich es wohl besser.“ Ihre Augen wanderten die mächtige Eiszunge hinauf, die sich bis kurz unter den Gipfel erstreckte. Dann griff ihre Hand nach Hunar. Der fuhr sofort auf und folgte Askjas anderer Hand, die in den blauen Himmel wies. Hunar sprang auf und fluchte leise. „Er kommt zurück! Bleib du hier, ich hol die anderen!“
Hastig kletterte er davon. Askja raffte die Rucksäcke zusammen und stopfte sie unter einen Felsen, von dem sie hoffte, er würde sie vor Flammen schützen. Dann rieb sie sich nervös die Hände, während sie mit aufgerissenen Augen den Drachen beobachtete. Ihr Herz klopfte wie wild in einer Brust, die sich wie ein eiziger Hohlraum anfühlte. Der Drache zog Kreise über dem Gipfel des Bergs, senkte sich dann langsam herunter. Askja schluckte trocken und wich unwillkürlich zwei Schritte zurück, als der Drache nah genug war, daß sie seine Farbe erkennen konnte. Rot. Rot wie Feuer, rot wie Blut, durchzogen von schwarzen Fetzen. Schon griff das rote Glühen auf den Himmel über. Purpurn flammte der Gletscher auf, als der Drache sich senkte und unaufhaltsam näher kam. Gehetzt sah Askja sich um. Ein Versteck, sie brauchten ein flammensicheres Versteck!
Ihr Blick fiel auf das Gletschertor, das sich schwarz unter dem Gletscher öffnete. Hastig rannte sie zum Gepäck, ergriff den Korb mit dem Schmetterling, dann lief und kletterte sie hinauf zu der gähnenden Eishöhle, während das rote Glühen die Luft um sie erfaßte, das Gras blutig aufleuchtete, die Steine den Schein des Drachen widerspiegelten, als stünden sie bereits in Flammen. Ein Fauchen ertönte, Askja spürte eine sengende Hitze über sich. Sie warf einen Blick nach oben, sah die Flammensäule, die der Drache in den Himmel schickte, duckte sich unter der nahenden Gestalt des Drachen, sprang hinein in das Tor und verschwand unter dem Eis.
In diesem Augenblick schickte Hvinur eine glühendrote Lohe auf den Gletscher nieder.

„Wenn wir da lang gehen, über diesen Felsgrat nach oben steigen, dann müssen wir da oben nur die schmale Gletscherzunge dahinten überqueren und kommen dann ohne Probleme weiter. Das sollte zu schaffen sein“, erklärte Brimill Svala gerade, als Hunar auf sie zugestürzt kam.
„Der Drache! Er kommt zurück!“ schrie er und winkte wie verrückt.
„Welcher?“ Brimill und Svala kletterten hastig zu ihm hinunter. Als sie um die Felsgruppe bogen, sahen sie, welcher es war. Purpurn leuchtete der Gletscher, und darüber schwebte rot der Drache Hvinur und tauchte seine Umgebung in ein blutiges Licht. Brimill fuhr zurück und zog Hunar und Svala mit sich hinter den Fels. Hunar riß sich los. Der Drache warf seinen Kopf in den Nacken, Feuer stieß weit in den Himmel hinein. Der Drachenkopf senkte sich wieder, die nächste Lohe fuhr auf den Gletscher hernieder. Heiß fuhr die Flamme in das Eis, zischend stieg Dampf auf. Feurig leuchtendes Schmelzwasser rann den Gletscher hinunter.
„ASKJA!“ brüllte Hunar und rannte los. Er kam nicht weit, Brimill fing ihn ab und zerrte ihn zurück hinter den Felsen. Hunar wehrte sich verzweifelt, verpaßte Brimill dabei eine blutige Nase, aber der ließ nicht los. Er verdrehte Hunar den Arm, bis der vor Schmerz zusammensackte. „Bleib hier!“ brüllte Brimill ihn an und lockerte seinen Griff keinen Deut. „Sie ist nicht da! Und du kannst ihr jetzt nicht helfen, nicht solange dieses Vieh hier ist!“
„Aber … wo ist sie …“ Hilflos ließ Hunar seine Augen über den Hang vor ihm irren. Svala deutete auf einmal auf ein paar Steine in der Nähe des Gletscherbaches. „Seht mal, sie hat unsere Rucksäcke versteckt!“
„Und du kannst darauf wetten, sie hat sich selbst auch versteckt!“ knirschte Brimill zwischen den Zähnen hervor. Das Schmelzwasser floß den Gletscher hinunter, stürzte dann in einem Wasserfall an seiner Spitze hinunter in den Glestcherbach, einen Vorhang aus Wasser vor dem Gletschertor bildend.
„Da … da ist sie!“ Brimill brüllte vor Erleichterung und zeigte auf die dunkle Öffnung unter dem Gletschereis. Hunar strengte seine Augen an – tatsächlich, in der Höhle war Askjas grüner Poncho zu sehen. Hunar fuhr auf, besann sich dann aber eines Besseren und sah erst hinauf zu dem Drachen. Der flog langsam den Gletscher hinauf, gemächlich, aber stetig schlugen seine Schwingen, auf und nieder, auf und nieder. Jeder Schlag brachte ihn weiter hinauf. Svala kaute auf ihren Fingernägeln. „Er haut ab – er läßt uns in Ruhe …“
Hunar ließ die Augen nicht von dem geflügelten, rot glühenden Reptil, das langsam und entschlossen weiter aufwärts flog, immer entlang des Gletschers, ab und zu den Kopf senkte, als suchte es etwas. Jetzt flog er über dem Schnee, der den Gletscher weit oben bedeckte. Der Drache schwebte auf der Stelle und musterte mit gesenktem Kopf die Schneedecke auf dem Eis.
„Brimill, was ist da oben, was kann er da suchen …“
„Suchen? Keine Ahnung, was so ein Drache suchen sollte …“ brummte Brimill. „War jedenfalls eine gute Idee von ihr, unter den Gletscher zu kriechen. Nicht daß ihr auf dumme Gedanken kommt – normalerweise ist es das bescheuerteste, was man tun kann, kann jederzeit einstürzen, so ein Gletschertor, vor allem im Fühling bei Tauwetter, aber vor Drachenfeuer schützen einige Meter Eis wie nichts anderes.“
„Bei Tauwetter …“ Hunar betrachtete wie hypnotisiert den Schmelzwasserfall vor dem Gletschertor. Dann keuchte er auf. „Sie muß da raus! Sofort!“ Ein Stoß fuhr durch die Erde, als der Drache sich oben auf dem Gletscher niederließ. Das Eis knirschte und krachte unter dem Gewicht des Drachen. Ein Feuerschwall fuhr den Glestcher hinunter, dann zitterte die Erde wieder, als Hvinur fest aufstampfte und sich mit einem Brüllen wieder in den Himmel erhob.
Der Drache stieg auf. Aber das Zittern des Erdbodens ließ nicht nach. Ein Brummen hing in der Luft. Hunar, schon auf dem Sprung zu Askja, verharrte, Svala stand lauschend, Brimill suchte mit den Augen den Hang über ihnen ab. Das Brummen wurde zum Dröhnen, schwoll weiter an. „Nein“, flüsterte Brimill, dann kam Leben in ihn. „Schneedrachen!“
Er riß Svala und Hunar mit sich hinter den Felsgrat. Das letzte, was Hunar sah, bevor der Fels ihm die Sicht verdeckte, war eine weiße, wirbelnde Masse, die rasend schnell den Gletscher herunterquoll. Das Dröhnen wurde ohrenbetäubend, sie hielten sich die Ohren zu und krümmten sich auf den Boden. Dann fegte Schnee über sie, stäubte und wirbelte in einer nicht enden wollenden brüllenden Wolke über ihr Versteck hinweg, während der Boden zitterte und das Eis des Gletschers schrie und krachte. Der Schnee riß an ihnen, sie preßten sich an den Boden im Schutz des Felsgrates, um dem kalten Zerren zu entgehen. Hunar kniff die Augen zu, trotzdem drang der Schnee zwischen die Lider, in Nase und Ohren. Mit zunehmendem Gewicht drückte der Schnee ihn hinunter, nahm ihm den Atem. Hunar glaubte zu ersticken, die Masse schien ihm den Brustkorb zusammenzudrücken. Sie dämpfte das Dröhnen, dumpf rollte es jetzt über sie hinweg. Dann brach es ab.
Zitternd und halb ohnmächtig vor Angst warteten die drei, aber es blieb ruhig. Hastig grub Brimill sich aus dem Schnee und hob den Kopf. Es war still, Totenstille herrschte auf dem Berg. Die Luft war klar und frei von Schnee. Weit und breit war kein Drache zu sehen. Brimill rappelte sich aus dem Schnee auf, zog dann Svala hervor und schaufelte den Schnee von Hunar. Der blinzelte eine Weile und beeilte sich dann wortlos, mit rudernden Armen durch den Schnee um den Felsgrat herumzukommen. Sein Vorwärtsdrang wurde jäh gestoppt. Die anderen beiden waren in seiner Spur gefolgt, und jetzt sahen sie, welche Schneemassen der Fels von ihnen abgehalten hatte. Die Hauptlawine war über dem Gletscher niedergegangen. Das Ende der Gletscherzunge, der Gletscherbach, der ganze Hang waren verschwunden, verschwunden unter eine unfaßbaren Masse Schnees. Ein weißer Berg türmte sich auf, hoch hinauf, mehrere Manneslängen hoch. Genau über dem Gletschertor. Genau über Askja.
Hunar brach zusammen. Svala kniete sich neben ihn, auch ihr versagten die Glieder. Brimill mußte sich an den Fels lehnen.
„Sie wollte nicht“, schluchzte Hunar leise. „Sie war von Anfang an dagegen, ohne die Muschel weiter zu gehen. Ohne Schutz gegen den roten Drachen.“
„Und sie hatte den Schmetterling bei sich … er war nicht beim übrigen Gepäck.“

Zur Entstehung des Buches

In der Rostocker Heide begegnen einem vielleicht keine grünen Einhörner – aber Hirsche bekommt man dann und wann zu sehen.

Als es mich 1995 an die Ostseeküste verschlug, habe ich, um Kontakte zu knüpfen, einen Volkhochschulkurs in Französisch an der VHS Rostock belegt. Dort habe ich dann nicht nur sehr gute Freunde gefunden, sondern auch die Wetterdrachen.
Irgendwann war nämlich das Präteritum dran und unserer Dozentin fiel nichts Besseres ein, als uns über die Semesterferien aufzugeben, ein Märchen zu schreiben, um das Präteritum zu üben. Auf Französisch, versteht sich. Die Semesterferien dauerten etwa 3 Monate, bis es im Oktober wieder losging. Von diesen 3 Monaten habe ich über 2 Monate geflucht über diese bescheuerte Idee.
Schon immer gehörte zum Sonntagsprogramm ein Waldspaziergang, früher in der Umgebung von Braunschweig, inzwischen in der Rostocker Heide. Und irgendwann im 3. Monat der Semesterferien hatte ich mitten im Wald plötzlich die Idee zu einem Märchen um den Schmetterling und die Wetterdrachen.

Der Schmetterling und die Wetterdrachen

Es waren einmal vor langer Zeit fünf Völker: Im Norden, wo Heidekraut und niedrige Bäume auf den flachen Hügeln wuchsen, ließen die Hirten ihre Schafherden weiden. In den großen Wäldern des Ostens lebten die Jäger. Im Süden der Erde, wo es sehr heiß war, gab es weite Steppen, in denen die Menschen, die dort lebten, Pferde und Rinder züchteten. Im Westen erhob sich ein hohes Gebirge, dessen Hänge steil ins Meer abfielen. Hier standen die Dörfer der Fischer. In der Mitte der Erde befand sich ein steiler, schwarzer Berg, dessen Hänge steinig und zerklüftet waren. In der Nähe dieses Berges lag die Stadt der Händler. Sie waren ehrgeizig und arbeiteten sehr viel, um ihren Wohlstand zu mehren.
Viele, viele Jahre lebten alle glücklich und zufrieden. Dann begann das Gleichgewicht der Jahreszeiten sich unmerklich zu verschieben. Mal gab es einen zu heißen Sommer, mal einen zu kalten Winter oder einen zu nassen Frühling. Niemand wunderte sich zunächst darüber, aber es wurde von Jahr zu Jahr schlimmer. Unwetter, Überschwemmungen und Missernten häuften sich. Und dann kam ein Sommer, in dem es so kalt war, dass sogar in den heißen Steppen des Südens Schneestürme tobten. Die Bäume im Osten verloren ihre Blätter, kaum das sie sie angesetzt hatten. Die Flüsse und Seen in den Bergen froren zu. In den Ländern des Nordens tauten die Gewässer nach dem Winter erst gar nicht auf. Das Vieh fand nichts zu fressen und die Menschen hungerten.
Eines Nachts herrschte eine unnatürliche, trügerische Stille, die auf den Menschen in allen Ländern lastete. Niemand konnte schlafen, alle waren nervös und unruhig. Und plötzlich, um Mitternacht ertönte ein gewaltiger Schrei oben am Himmel. Vier riesige Gestalten flogen über dem großen Berg in der Mitte der Erde. Sie spien Feuer: rot, weiß, gelb und grün und waren so gewaltig, dass sie noch in den fernen Gegenden des Nordens und Südens zu sehen waren. Nach einem neuerlichen durchdringenden Schrei verschwanden sie, die weiße Gestalt nach Norden, die rote nach Westen, die goldene nach Süden und die grüne nach Osten.

Nach dieser seltsamen und beunruhigenden Nacht begann ein junger Mann bei den Hirten im Norden allnächtlich einen seltsamen Traum zu träumen. In diesem Traum befahl ihm eine Frau, eine weiße Blume zu suchen und diese Blume zum Berg in der Mitte der Erde zu bringen. Der junge Mann verstand die Träume nicht und fragte seine Mutter um Rat. Diese berief eine Ratsversammlung ein, auf der die Ältesten beschlossen, dass die Träume möglicherweise einen Weg zeigten, die beängstigenden nächtlichen Zeichen zu deuten.
So machte sich der junge Mann auf die Suche nach der weißen Blume. Die Reise war sehr gefährlich. Es war nicht nur nicht einfach, etwas zu essen zu finden, es gab auch Wölfe und Bären, die ebenfalls Hunger hatten. Er suchte lange vergeblich und nach zwei Wochen fing er an zu zweifeln, ob er diese Blume jemals finden würde.
Dann kam ein Tag, an dem es ununterbrochen schneite. Er fror und war müde. Sein Pferd stolperte vor Erschöpfung. Da beschloss er, einige Stunden auszuruhen. Als er vom Pferd stieg, um einen Platz zum Schlafen zu suchen, sah er plötzlich einen großen Adler, der sich in einem Dornbusch verfangen hatte und sich nicht aus eigener Kraft befreien konnte. Obwohl ihm vor Müdigkeit fast die Augen zufielen, befreite er zuerst den Adler aus den Ranken und glättete dessen Gefieder. Der große Vogel beobachtete ihn dabei und musterte ihn dann ganz genau. Schließlich schloss er die Augen und schlief ein. Der junge Mann tat es ihm nach und als er nach Stunden wieder erwachte, war der Adler nicht mehr da und an seinem Platz lag eine kleine weiße Blume – genau die Blume aus seinen Träumen! Der junge Hirte verstand nicht, wie der Adler von dieser Blume wissen konnte und ob es überhaupt der Adler gewesen war, der die Blume gebracht hatte. Aber er nahm die Blume und setzte seine Reise zu dem Berg fort.

Er war nicht der einzige, der sich auf der Suche nach dem Berg befand. Drei Tage später traf er ein junges Mädchen auf einem schönen schwarzen Pferd, die aus dem Süden kam, und einen jungen Mann, der aussah, als käme er von den Fischern im Westen. Die beiden hatten sehr ähnliche Träume wie der Hirte gehabt: Der junge Fischer sollte eine rote Muschel suchen und das Mädchen eine goldene Feder. Beide hatten den Adler getroffen, und er hatte auch ihnen geholfen, die Sachen zu finden. Zusammen ritten die drei weiter zu dem Berg. Nach einigen Tagen erreichten sie ihn und kamen an eine kleine Hütte, die am Fuß des Berges stand. Sie fragten die alte Frau, die darin wohnte, ob sie bei ihr übernachten könnten.
„Kommt herein“, antwortete die alte Frau, „ihr seid am Ziel. Ich habe euch erwartet. Setzt euch und esst – wir müssen noch auf jemanden aus den Wäldern warten.“
Die drei waren sehr erstaunt, aber trotz aller Fragen wollte die alte Frau nicht mehr erklären. Nach dem Essen legten sie sich schlafen. Aber schon nach einigen Stunden wurden sie geweckt, weil jemand die Hütte betrat. Es war eine junge Frau aus den Wäldern, diejenige, auf die sie noch gewartet hatten. Sie brachte ein grünes Blatt mit.
„Nun sind alle da“, sagte die alte Frau und begann zu erzählen.

Vier große Drachen gibt es, die in den vier Himmelsrichtungen wohnen. Ihre Aufgabe ist es, das Wetter zu bringen. Jeder von ihnen bestimmt eine Jahreszeit.
Der älteste von ihnen ist weiß wie Schnee, sein Augen leuchten blau wie der Himmel. Er ist der Drache des Winters. Wenn er durch die Länder fliegt, treiben seine Flügel Wolken voll von Schnee und sein Atem bringt den Wintersturm. Wenn er Feuer speit, sehen die Menschen des Nachts die grünen und roten Nordlichter.
Der goldene Drache wohnt im Süden. Er bringt den Sommer. Sein Atem lässt den heißen Sommerwind wehen und das Feuer seiner Nüstern lässt Blitze zucken, aber auch den Regenbogen leuchten. Wenn er mit den Flügeln schlägt, donnert es und Regenschauer prasseln auf die Erde.
Im Westen wohnt der rote Herbstdrachen mit den goldenen Augen. Seine Flügel treiben graue Sturmwolken über den Himmel und unter seinem Atem biegen sich die Bäume im Sturm. Bläst er Feuer durch seine Nüstern, färbt sich der Himmel abends rot.
Der jüngste der Drachen ist der grüne Frühlingsdrachen des Ostens. Er bringt den langen ruhigen Frühlingsregen, der die Früchte auf den Feldern wachsen lässt. Sein Atem ist eine leichte Brise und das Feuer seiner Nüstern färbt den Himmel morgens gelb und rosa.
Die Wetterdrachen sind gewaltig und sehr stark. Jeder von ihnen könnte die Erde und alles Leben auf ihr vernichten. Der Sommerdrache könnte alles unter seiner sengenden Hitze verdorren lassen, der Winterdrachen könnte den Boden in ewigem Frost erstarren lassen, mit stürmischen Unwettern und unablässigem Regenfall könnten Herbstdrachen und Frühlingsdrachen alle Länder überschwemmen. Damit das nicht geschieht, müssen die Drachen gelenkt werden. Keiner von ihnen darf die Oberhand gewinnen. Jeder Drache muss seinen Beitrag genau im richtigen Maß leisten, damit das Wetter nicht aus dem Gleichgewicht gerät. Es muss genügend Regen, genügend Wärme, aber auch die Kälte des Winters geben. Nur dann können Pflanzen gedeihen, finden Mensch und Tier genug Nahrung.
Auf der Spitze des Berges, an dessen Fuß meine Hütte steht, sitzt ein kleiner Schmetterling mit vier Flügeln: einem roten, einem weißen, einem grünen und einem goldenen. Er ist es, der die Drachen mit seinen Flügelschlägen steuert. Er lenkt ihre gewaltige Kraft in die richtigen, maßvollen Bahnen, so dass sie nicht zerstörerisch, sondern lebensspendend wirkt. Und so ging lange, lange Zeit alles gut: es gab Sonne, Wind, Schnee, Regen, die Jahreszeiten wechselten sich regelmäßig ab – alles im richtigen Maß.

Aber die Menschen vergaßen die alten Geschichten vom Schmetterling und den Drachen. Und so stieg eines Tages ein junger Mann aus der Stadt auf den Berg, weil seine Freunde gewettet hatten, er würde es nicht schaffen, die Spitze zu erreichen. Dort sah er den Schmetterling und fand ihn sehr schön. Deshalb nahm er den Schmetterling von seinem Platz und brachte ihn in die Stadt. Er ahnte nichts von den Folgen seines Tuns, kannte nicht die Bedeutung des Schmetterlings. Er hätte gelacht, hätte ihm jemand erzählt, ein so winziges Insekt könnte die riesigen Wetterdrachen lenken. Er sah nur, dass er einen schönen Schmetterling gefangen hatte. Als er in die Stadt zurückkam, wurde er gefeiert und die Menschen freuten sich über seinen Fang.
Eine alte Dienerin seines Vaters sah den Schmetterling. Sie erinnerte sich noch an die alten Geschichten und erkannte, was der Verlust des Schmetterlings für die Welt bedeuten würde. Bevor der Schmetterling starb und in eine Vitrine gesteckt wurde, gelang es ihr, eines seiner Eier zu retten. Heimlich verließ sie die Stadt und brachte das Ei zu einer alten, weisen Frau, die in den Wäldern des Ostens lebte. Die Frau wusste bereits, was passiert war, die Vögel hatten ihr die Nachricht überbracht. Sie wusste auch, wie sie aus dem Ei einen jungen Schmetterling ziehen konnte – aber das würde lange, lange Zeit dauern, viele Jahrhunderte. Glücklicherweise haben Drachen ein anderes Zeitempfinden als Menschen: ein Jahrhundert für uns ist für sie nur ein Augenblick, so dass es entsprechend lange dauern würde, bis sie bemerkten, dass es keinen Schmetterling mehr gab. So war während einer langen Zeit das Wetter wie gewöhnlich und es dauerte fünf Jahrhunderte, bis es begann, sich ganz allmählich zu ändern: zu kalte Winter, zu stürmische Sommer, zu nasse Frühjahre ... Weil keine Anweisungen mehr vom Schmetterling kamen, begannen die Drachen, Fehler zu machen – erst ganz winzige, dann immer größere.
Und noch war der junge Schmetterling nicht geschlüpft.

„Ja – und die alte Frau, die sich um das Ei des Schmetterlings kümmerte, war eine meiner Vorfahrinnen. Sie gab die Aufgabe an ihre Tochter weiter, die sie wiederum an ihre Tochter weitergab und so weiter, bis jetzt, nach siebenhundert Jahren ich an der Reihe bin, mich um das Ei zu kümmern. Gestern nun ist der Schmetterling endlich geschlüpft. Aber wir haben auch nur noch wenig Zeit. Die Fehler der Drachen sind so groß geworden, dass das Leben auf der Erde bald unmöglich sein wird. Und die Drachen haben vor einigen Wochen entdeckt, dass der Schmetterling nicht mehr auf dem Berg sitzt. Ihr habt ihre Schreie gehört und das Feuer in der Nacht gesehen. Und sie wissen auch schon, dass es Menschen waren, die den Schmetterling gefangen haben. Sie haben begonnen, die Stadt zu zerstören, in der sie den toten Schmetterling entdeckt haben. Danach werden sie den ganzen Erdkreis verwüsten. Der junge Schmetterling muss auf den Berg gebracht werden, damit er die Drachen lenken kann. Aber ich bin zu alt dazu, auf Berge zu steigen, und deshalb bat ich euch in euren Träumen, mir zu Hilfe zu kommen. Ihr müsst den Schmetterling auf die Bergspitze zu seinem Platz bringen.“
Am nächsten Morgen verließen die vier die Hütte und begannen, auf den Berg zu steigen. Die alte Frau erklärte ihnen, dass die Dinge, die sie gesucht hatten, sie vor den Drachen schützen würden. Dann gab sie ihnen den Korb mit dem Schmetterling.
Der Berg war sehr steil und sie kamen nur langsam voran. Plötzlich hörten sie etwas zischen und rauschen und dann sahen sie den grünen Drachen über sich. Er wollte angreifen – aber als er das grüne Blatt sah, das die junge Jägerin ihm entgegen hielt, beruhigte er sich und setzte sich hin, um sie zu beobachten. Einer nach dem anderen erschienen der goldene, der rote und der weiße Drachen, und jedes Mal geschah dasselbe: Der Drache tauchte wütend auf, aber sobald er die goldene Feder, die rote Muschel und die weiße Blume sah, wurde er ruhig und setzte sich, um sie zu beobachten.

Die jungen Leute setzten ihren Aufstieg auf die Bergspitze fort, aber sie waren bald erschöpft und sie hatten immer noch Angst vor den Drachen, die still dasaßen und sie keinen Moment aus den Augen ließen. Dann war ihre Reise unvermittelt zu Ende: Zwischen ihnen und der nahen Bergspitze erhob sich eine glatte, steile Felswand. Es war unmöglich, an ihr Halt zu finden, um an ihr hoch zu klettern. Sie konnten ihr Ziel sehen, aber es war unerreichbar. Enttäuscht und entmutigt ließen sie sich vor der Wand auf die Erde fallen.
Etwas erregte plötzlich die Aufmerksamkeit der Drachen. Sie reckten die Köpfe und zischten böse. Die jungen Leute entdeckten den Adler, der neben ihnen landete. Während der rote Drachen sich langsam erhob, die Zähne fletschte und die Flügel streckte, nahm der Adler den Korb und flog auf die Spitze des Berges. Dort öffnete er den Korb und setzte den Schmetterling an seinen Platz. Kaum hatte der Schmetterling begonnen, seine Flügel auszubreiten, beruhigte sich der rote Drachen wieder. Mit einem Mal wirkten die riesigen Kreaturen nicht mehr bedrohlich, sondern strahlten Heiterkeit aus. Sie flogen auf, zogen drei Kreise über dem Berg und verschwanden dann in die vier Himmelsrichtungen. Es war ein großartiger Anblick, den die jungen Leute niemals vergaßen.
Von diesem Tag an war das Wetter wieder normal.
Als der Adler von der Bergspitze zurückkam, geschah etwas seltsames: Er begann zu taumeln und zu verschwimmen und plötzlich fiel er auf die Erde - aber es war nicht der Adler, sondern ein sehr alter Mann, der auf den Boden aufprallte. Er lächelte und erklärte den erstaunten, jungen Leuten, daß er der Mann gewesen war, der den Schmetterling vor siebenhundert Jahren gefangen hatte. Er war zur Strafe in einen Adler verwandelt worden und durfte nicht sterben, bevor nicht ein neuer Schmetterling auf dem Berg saß. Der alte Mann war nun sehr glücklich und nachdem er seine Geschichte erzählt hatte, starb er in Frieden.

Dieses Märchen entwickelte sich im Laufe von mehr als zehn Jahren immer weiter – ich habe mindestens 4 verschiedene Versionen zwischendurch für fertig gehalten, bis ich beim Schreiben des Sonnentaus oder der Höhlen der Wetterdrachen merkte, dass in der Geschichte doch noch vieles unerzählt schlummerte.

Hintergrundwissen zum Buch

Der Schmetterlingseffekt

Wenn Sie einen Topf mit Wasser auf den Herd stellen und die Herdplatte anschalten, wird das Endergebnis immer kochendes Wasser sein, unabhängig davon, ob Sie heißes Wasser aus dem Wasserhahn eingefüllt haben oder Eiswürfel. Unabhängig von den Anfangsbedingungen ist in einem solch einfachen System das Endergebnis dasselbe.

Das Beispiel im nächsten Abschnitt ist extrem vereinfacht und völlig fiktiv und all die Zahlenwerte sind ohne jeden realen Hintergrund, mir geht es nur darum, das Prinzip eines chaotischen Systems zu verdeutlichen.

Die Atmosphäre der Erde ist dagegen ein deutlich komplizierteres System. Wenn die Temperatur hier an einer Stelle steigt, kann das einen Druckunterschied erzeugen, der vielleicht Winde zur Folge hat, die kältere Luft herbeiführen, wodurch die Temperatur weider sinkt. Vielleicht strömt aber auch heiße Luft heran, die die Temperatur weiter steigen lässt. Welche Luftströmung eintritt, ist möglicherweise nur von einem Temperaturunterschied in der 3. Nachkommastelle abhängig: Nehmen wir an, bei einer herrschenden Temperatur von bis zu 30,012 °C würden die einsetzenden Luftströmungen die Temperatur im Laufe der Nacht sinken lassen; ab 30,013 °C wird es wärmer.
Wenn man nun aber die Temperatur nur bis zur 2. Nachkommastelle misst und die Werte entsprechend auch nur bis zur 2. Nachkommastelle in das Wettervorhersage-Modell eingibt, wird man also 30,01 °C eingeben. Der Computer wird also anhand dieses Anfangswert berechnen, dass die Temperatur sinkt und Sie hören in den Nachrichten erleichtert von der zu erwartenden Abkühlung. Am nächsten Tag stellen Sie gegen Mittag stöhnend fest, dass es nun sogar 32 °C warm ist, weil die tatsächliche Temperatur 30,014 °C betragen hat. Nur ist die 4 in der 3. Nachkommastelle nicht gemessen worden.

In komplizierten Systemen kann eine winzige Änderung in den Anfangsbedingungen daher langfristig zu völlig unterschiedlichen Situationen führen. Das ist auch der Grund dafür, warum bspw. die Sommer bei uns so unterschiedlich ausfallen können. Man spricht von deterministischem Chaos, weil der Endzustand eines solchen Systems unberechenbar ist. Deterministisch heißt das Chaos deshalb, weil es nicht auf Zufall beruht. Hätte man dem Computer den korrekten Wert von 30,014 °C gegeben, hätte er korrekt die Temperaturzunahme berechnet. Das Problem ist nur, man kann nicht beliebig genau messen. Steigert man die Messgenauigkeit so weit, dass man die Temperatur auf 6 Nachkommastellen genau misst, wird die Vorhersage zwar genauer – aber nun „verpasst“ man die Auswirkungen, die ein Temperaturunterschied in der 7. Nachkommastelle hat. Und die können unter Umständen auch noch darüber entscheiden, ob in 4 Wochen Sturm oder Windstille herrscht. Je mehr Nachkommastellen man misst, desto länger wird der Zeitraum, für den man das Wetter vorhersagen kann – aber gleichgültig, wie viele Nachkommastellen man misst, man wird das Wetter nie für alle Zeit vorhersagen können. Das Chaos ist daher nur im Prinzip bestimmbar, aber nicht im praktischen Leben.

Dieses Phänomen soll das Bild vom Schmetterlingseffekt veranschaulichen: Das Wettersystem mit seinem Zusammenspiel von Temperatur, Druck, Luftströmungen, Ozeanströmungen, Bodenverhältnissen und und, dass mitunter ein Flügelschlag eines Schmetterlings in Brasilien einen Tornado in Texas auslöst. Das ist wie gesagt ein Bild und sollte nicht zu wörtlich genommen werden – Sie können beruhigt weiterhin Wasser in Ihrer Küche erhitzen ohne befürchten zu müssen, damit den Untergang von Hallig Hooge zu verursachen.

Nicht nur das Wettersystem produziert deterministisches Chaos, ein weiteres bekanntes Beispiel sind gekoppelte Pendel.

Frühlingsdrache Arrodi und Herbstdrache Hvinur – die rote Dämmerung

Sonnenlicht ist weiß, weil es sich aus allen Spektralfarben zusammensetzt. Wenn das Licht der Sonne auf die Teilchen der Atmosphäre trifft, wird es von diesen aus seiner ursprünglichen Richtung abgelenkt („gestreut“). Dabei werden nicht alle Farben gleich stark gestreut – je kürzer die Wellenlänge, desto stärker die Streuung.
Blaues Licht hat eine kürzere Wellenlänge und wird daher stärker gestreut als rotes. Trifft nun das weiße Sonnenlicht auf die Atmosphäre, geht ein großer Teil des roten Lichtes geradewegs durch die Atmosphäre hindurch, ohne von Molekülen in der Atmosphäre gestreut zu werden.
Vom blauen Licht wird dagegen ein größerer Anteil an den Luftmolekülen gestreut und damit in andere Richtungen gelenkt. Es finden sich in jedem Teil des Himmels, gleichgültig wohin wir sehen, genug Moleküle, die einen blauen Lichtstrahl gerade so ablenken, dass er in unsere Richtung läuft. Blaues Licht fällt deshalb aus jeder beliebigen Richtung vom Himmelsgewölbe in unsere Augen und wir sehen den Himmel blau.

Grafik zur Streuung des Lichtes an Luftmolekülen

Es ist natürlich nicht so, dass alles blaue Licht gestreut wird und die anderen Farben gar nicht – der Anteil gestreuten Lichtes ist beim Blau lediglich höher, so dass in der Überlagerung aller gestreuten Farben das Himmelsblau dominiert. Die Mittagssonne ist weiß, weil das direkt von ihr kommende Licht immer noch genügend Anteile blauen Lichtes enthält, dass die Mischung der Farben weiß ergibt.

Anders ist es in der Dämmerung, wenn der Weg des Lichtes durch die Atmosphäre sehr viel weiter ist. Auf diesem längeren Weg wird entsprechend auch mehr blaues Licht aus dem direkten Weg von der Sonne zur Erde herausgestreut. Das Licht, das uns direkt von der Sonne erreicht, enthält jetzt zu wenig Blau – die Mischung der Farben ergibt kein Weiß mehr und die Abend- oder Morgensonne erscheint uns rot.

Da nun also im Wesentlichen rotes Licht von der Sonne in die untere Atmosphäre gelangt, wird hier auch nur das rote Licht gestreut – deshalb ist mitunter nicht nur die Sonne, sondern auch der Himmel um sie herum rot. Wobei die Färbung umso kräftiger ist, je mehr Staub oder Wasser in der Atmosphäre ist.
Davon wissen auch alte Bauernregeln:

„Morgenrot – Schlechtwetter droht
Abendrot – Gutwetterbrot.“

Genaueres auf meiner Internetseite physik.wissenstexte.de/himmelsblau.html

Sommerdrache Sindri – Gewitter und Blitze

Wird die Luft am Boden an heißen Tagen erwärmt, dehnt sie sich aus, wird leichter als die Umgebungsluft und steigt auf. Die Atmosphäre besteht aus mehreren Schichten. In den unteren 10 km, der Troposphäre spielt sich das Wettergeschehen ab. Hier nimmt die Temperatur mit zunehmender Höhe ab, weshalb sich die aufsteigende Luft abkühlt. Nun kann kalte Luft weniger Wasser aufnehmen als warme; es kondensiert also Wasser aus und Wolken bilden sich.
In der Schicht über der Troposphäre, der Stratosphäre, nimmt die Temperatur mit der Höhe zu. Dort ist die Umgebungsluft dann sehr schnell wärmer und damit leichter ist als die aufsteigende Luft. Hier staut sich die Luft also und es bildet sich ein ambossförmiger Abschluss der Wolke.

Foto: Gewitterwolke
Obwohl der Himmel nicht wolkenfrei war, ist der Rand der sich nähernden Gewitterwolke scharf zu erkennen. Es blieb gerade noch Zeit, die Gartenstühle in Sicherheit zu bringen, das Gewächshaus zu schließen und dann ins Haus zu flüchten.

Im oberen Teil der Wolke ist es so kalt, dass die Wassertropfen zu Eiskörnern gefrieren. Aus Gründen, die man noch nicht so recht versteht, haben die Körner eine unterschiedliche elektrische Ladung: durch die Reibung untereinander werden die leichten Eiskristalle positiv, die schweren Graupelkörner dagegen laden sich negativ auf. Die schweren Graupel sinken nach unten, die Eiskristalle schweben oben – und es kommt zu einer Ladungstrennung innerhalb der Gewitterwolke. In der Wolke herrscht also nun ein elektrisches Feld. Außerdem bewirkt die negative Ladung am unteren Rand der Wolke, dass sich auf der Erdoberfläche eine positive Ladung bildet. Die negative Ladung der Wolke stößt die negativen Elektronen in der Erdoberfläche ab, diese bewegen sich weg von der Oberfläche, die positiven unbeweglichen Atomkerne bleiben zurück. Zwischen Wolke und Erdboden herrscht also auch ein elektrisches Feld. Wird dieses zu groß, schießen Elektronen aus der Wolke in Richtung Erdboden. Sie ionisieren einen Luftkanal und bilden den sogenannten Vorblitz. Vom Erdboden aus kommen ihnen im letzten Stück die positiven Ionen entgegen; die Anziehungskraft der negativen Elektronen wird ja immer größer, je näher sie kommen. Einmal befreit, rasen die Ionen dann als Hauptblitz in Richtung Wolke. Dabei ionisieren die Luftmoleküle, erhöhen dadurch die Leitfähigkeit im Blitzkanal, was wiederum die Stromstärke erhöht. Außerdem regen sie die Luftmoleküle zum Leuchten an, was die sichtbare Blitzerscheinung hervorruft. Noch mehrere Blitze rasen rauf und runter, die man aber als einen einzigen flackernden Blitz wahrnimmt, bis die Spannung abgebaut ist.

Foto: Blitze

Der Blitz heizt den Blitzkanal auf, das umgebende Gas dehnt sich explosionsartig aus – was man dann als Donner hört.
Als Knall hört man den Donner nur in geringer Entfernung zum Blitz, bis zu einigen hundert Metern. In größerer Entfernung ist er mehr als ein Grollen oder Rumpeln wahrzunehmen. Der Grund hierfür sind Reflexionen an Wolken, Bodenerhebungen und dem Erdboden. Zum ursprünglichen Knall gesellen sich dadurch weitere Echos, die das Ohr auf unterschiedlichen Wegen und dementsprechend nach unterschiedlichen Zeiten erreichen, weshalb der Knall in ein Grollen „zerfasert“.

Genaueres auf meiner Internetseite physik.wissenstexte.de/gewitter.html

Winterdrache Hrimandi ‐ Polarlichter

Die Sonne sendet einen ununterbrochenen Strom aus Elektronen und Protonen und ein wenig Helium aus, den so genannten Sonnenwind. Da die Erde ein Magnetfeld hat – man spricht von der Magnetosphäre – können die Sonnenwindteilchen nicht bis zur Erdoberfläche vordringen.
Das hat folgenden Grund: Die Teilchen sind elektrisch geladen und treffen „vor“ der Erde auf Magnetfeldlinien, die nordwärts gerichtet sind, also senkrecht zur Flugbahn der Teilchen. Bewegen sich elektrisch geladene Teilchen senkrecht zu einem Magnetfeld, wirkt die Lorentzkraft, die die elektrisch geladenen Teilchen ablenkt – und zwar senkrecht sowohl zu ihrer ursprünglichen Bahn als auch senkrecht zum Magnetfeld. Die Sonnenwindteilchen werden also um die Magnetosphäre herumgeleitet.

Der Sonnenwind schleppt seinerseits ein Magnetfeld mit. Unter bestimmten Bedingungen kann es nun zu Verschmelzungen zwischen den Feldlinien des Sonennwindmagnetfeldes und denen der Magnetosphäre kommen. Entlang dieser verschmolzenen Feldlinien (parallel zum Magnetfeld können sich auch elektrisch geladene Teilchen bewegen) können die Sonnenwindteilchen nun in die Magnetosphäre eindringen; dort sammeln sie sich in der so genannten Plasmaschicht. Aus der Plasmaschicht fließen elektrische Ströme parallel zu den magnetischen Feldlinien in die Ionosphäre. Dort stoßen die einfallenden Elektronen mit Atomen der Erdatmosphäre zusammen und regen diese zum Leuchten an, indem sie deren Elektronen auf höhere Bahnen anregen. Fallen die Elektronen wieder in den Grundzustand, geben sie die überschüssige Energie als Licht ab – und man sieht ein Polarlicht.

Die Feldlinien, auf denen die Elektronen in die Ionosphäre einfallen, münden in zwei Ovalen rund um die Pole, den so genannten Polarlichtovalen, ca. 200–1000 km breite Bänder um die Pole. Dort kann man am sichersten Polarlichter beobachten. Bei starker Sonnenaktivität ist der Sonnenwind schneller und böiger und seine Teilchendichte steigt. Dann wird die Magnetosphäre regelrecht zusammengedrückt, wodurch sich die Fußpunkte der Feldlinien auf der Erdoberfläche in Richtung Äquator verschieben. Dann haben wir auch in unseren Breiten unter Umständen das Glück, ein Polarlicht zu sehen.

Genaueres auf meiner Internetseite physik.wissenstexte.de/polarlicht.html

Die Jahreszeiten

Bei hohem Sonnenstand und steilem Strahleneinfall verteilt sich die einfallende Sonnenstrahlung auf eine geringere Fläche als bei tiefem Sonnenstand und entsprechend flachem Strahlungseinfall. Muss sich die einfallende Wärme auf eine größere Fläche verteilen, bleibt für ein einzelnes Flächenelement weniger Wärme übrig – es ist kälter.
Im Bild ist dargestellt, wie sich zwei Strahlausschnitte mit demselben Durchmesser (senkrechte schwarze Striche) am Äquator auf ein kleineres Flächenelement der Erdoberfläche verteilen als am Pol (rote Linien). Deshalb ist die Intensität der Sonnenstrahlung und damit die Erwärmung durch die Sonneneinstrahlung am Äquator viel höher als in hohen Breiten.

Grafik: Unterschiedliche Verteilung der Sonnenstrahlen bei senkrechtem und schraegem Einfall
Bei senkrecht im Strahlenbündel stehender Erdoberfläche (Äquator) verteilt sich die Strahlung auf eine kleinere Fläche als bei schräg stehender (Pol).

Deshalb ist es am Nordpol auch während des Polartages kälter als am Äquator, obwohl der Pol dann monatelang ununterbrochen Sonnenlicht erhält, äquatornahe Gebiete aber nur 12 Stunden täglich im Sonnenlicht liegen.

Stünde die Erdachse im rechten Winkel zur Ekliptik (der Bahn der Erde um die Sonne), würde die Sonnenstrahlung während des ganzen Jahres am Äquator senkrecht einfallen. Der Bereich um den Äquator würde deshalb ständig am stärksten erwärmt. Bei senkrechter Erdachse gäbe es daher keine Jahreszeiten, weil jahraus, jahrein dieselben Verhältnisse herrschten. Da die Erdachse aber um 23° zur Ekliptik geneigt ist, wandert die am stärksten erwärmte Zone (diejenige mit senkrechtem Strahleneinfall) im Jahresverlauf vom Äquator weg: Im Nordsommer wandert sie etwas weiter nach Norden beziehungsweise im Nordwinter nach Süden, nämlich bis zum nördlichen bzw. südlichen Wendekreis, der jeweils zu Mittsommer bzw. Mittwinter erreicht wird.
Weil die Erdachse ihre Neigung während der Wanderung der Erde um die Sonne beibehält, ist mal die Nordhalbkugel, mal die Südhalbkugel der Sonne zugewandt und entsprechend mehr Einstrahlung ausgesetzt. Südsommer und Nordsommer wechseln sich ab.

März in Chile, Region Los Lagos in der Nähe des Sees Llanquihue

© Wiebke Salzmann